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Mike Larson fand ebenso wie seine Kollegen acht Innings lang kein Mittel gegen den grandiosen Kevin Trisl. Und war im neunten trotzdem der Matchwinner.

„Wir nehmen sie alle“, sagte am Ende Mike Larson. „The good, the bad and the ugly.“ Ein paar Minuten vorher hatte unser Kanadier etwas gehauen, das man nicht mal als Hit bezeichnen kann, das sicherlich kein Schlag fürs Baseball-Lehrbuch war, das aber einfach ausreichte, um in der unteren Hälfte des neunten Innings bei einem Aus zwei Mann über die Platte zu bringen, gegen die Haar Disciples aus einem 0:1 ein 2:1 zu machen, das Spiel einfach zu beenden.

„Für die Zuschauer war das nicht so attraktiv“, gab Ulli Wermuth zu. „Aber es war ein Spiel auf höchstem Niveau.“ Ein Pitcherduell, bei dem die Disciples bis ins neunte Inning nicht nur den Spielstand auf ihrer Seite hatten, sondern eigentlich alle wichtigen Statistiken: Mehr Hits, weniger Errors, dadurch mehr Runner. Ein Spiel, bei dem manch einer schon froh war über den Basehit von Kevin Kotowski im vierten Inning – der Centerfielder war nach sieben Durchgängen immer noch der einzige Mainzer Runner, aber er hatte zumindest das Perfect Game kaputtgemacht. Mit Glück – sein Schlag flog direkt zurück zum Pitcher Kevin Trisl, der aber den Handschuh nicht schnell genug in Position brachte, am Handgelenk getroffen wurde, sogar ein paar Minuten behandelt werden musste, aber weiterspielen konnte.

Und wie! „Trisl hat eine Riesenentwicklung gemacht“, staunte Wermuth. Der Strikeout-Rekordpitcher der ersten drei Spieltage schickte diesmal in gut acht Innings nur sieben Mann eigenhändig ins Dugout zurück, gab aber auch den restlichen Angreifern überhaupt nichts Verwertbares. Daher reichte ein einziger guter Schlag von Christoph Ziegler zur knappen Führung, die bis ins neunte Inning hielt. Der Shortstop hatte im sechsten Inning bei einem Aus ins Centerfield geschlagen, gerade kurz genug, dass Kevin Kotowskis Diving Catch schiefging. Ein Backup hatte unser Outfielder nicht, Ziegler war schnell genug, um bis zur Homeplate durchzurennen. Knapp war’s, Trey Stover jagte ein Geschoss zum Catcher, aber auch „der stärkste Arm der Liga“, wie Jan-Niclas Stöcklin seinen Shortstop nannte, reichte nicht. Der Wurf kam eine Kleinigkeit zu ungenau und eine Kleinigkeit zu spät.

Trotz weniger weiterer Hits war das eine von nur zwei gefährlichen Szenen der Disciples-Offensive. „Es ist eine Augenweide“, sagte Stöcklin, „so eine Defense hinter sich zu wissen. Mit solchen Plays hinter einem steigt das Selbstbewusstsein auf dem Mound.“ Damit meinte unser Pitcher die spektakuläre Ballverarbeitung Stovers im ersten Inning gegen Ziegler: „Ich habe es selten gesehen, dass einer so schnell aus dem Liegen wieder auf die Beine kommt und so einen Wurf schafft!“ Damit hätte Stöcklin auch sein eigenes Play in der Drucksituation im dritten Inning meinen können: Alle Bases waren besetzt, erst ein Angreifer war aus. Und unser Pitcher warf sich in den Dreck, um William Thorps kurzen Schlag zu fielden, machte dabei den Mound ein bisschen kaputt, „aber zum Glück nicht das Knie“, machte das sichere Aus an Home und war wenige Pitches später – schon wieder gegen Ziegler – der Empfänger von Martin Kipphans Wurf an die erste Base – drittes Aus, nichts passiert.

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Jan-Niclas Stöcklin spielte gewohnt stark, warf acht Strikeouts, hatte in zwei weiteren wichtigen Plays seine Hände im Spiel, kassierte aber in einer einzigen unglücklichen Szene doch den lange Zeit einzigen Run im Spiel.

Und doch stand es irgendwann 0:1 und kurz vor Schluss immer noch 0:1. Aber schon im achten Inning hatte Trisl sein bis dahin schier unglaubliches Niveau nicht mehr absolut aufrechterhalten können. Mike Larson kam mit einem Walk als zweiter Runner auf die Bases, wurde nach dem Schlag von Lenny Stöcklin zwar schon wieder runtergeholt, der aber kam nach Martin Kipphans Sacrifice Bunt auf die zweite Base. Und Marcel Raab, extra dafür eingewechselt, schlug den Basehit, der Stöcklin zwar nur auf die dritte Base brachte und nach Nici Weicherts Schlag nicht weiter – ein Schlüsselmoment war’s trotzdem. „Das war die schwierigste Situation im Baseball“, sagte Wermuth, „Marcel kam bei zwei Aus kalt aus dem Dugout – und er macht den Hit. Das war ganz groß! Nur dadurch waren wir in der Lage, im neunten Inning mit dem Leadoff anzufangen! Das war die optimale Situation.“

Tim Stahlmann hatte schon im achten Inning die Disciples von den Bases ferngehalten, gab im neunten zwar deren erstem Angreifer einen Walk, schickte die nächsten beiden aber mit Strikeouts zurück. Dazwischen hatte Max Boldt mit einem schönen Wurf dem Runner den Weg zur zweiten Base abgeschnitten.

Und Trisl wackelte. Walkte Kevin Kotowski. Kassierte einen Hit von Stover. Zwei Runner, kein Aus. Pitcherwechsel, Greg Hendrix für den Starter. „Ein Superpitcher“, sagte Wermuth, ein ehemaliger Minor Leaguer. „Er hat 2015 mit Hamburg Regensburg geschlagen.“ Peter Johannessen dagegen warf Hendrix bei zwei Strikes ab. Bases loaded, kein Aus. „Das zeigt, wie geil das Team ist“, strahlte unser Coach. „Wie intensiv es gewinnen will.“

„Der Glaube war da“, sagte Jan-Niclas Stöcklin, der ausgewechselte Pitcher, der im Dugout nur zusehen konnte. „An sich ist das schlimm, nicht mitmachen zu können. Man kann nur noch die Teammates anfeuern. Man muss halt an die Wende glauben, in dieser Situation. Und der Glaube ist im Baseball immer da.“ Max Boldt lieferte sich ein dramatisches Duell mit Hendrix, hatte schnell zwei Strikes gegen sich. Schlug Foulball um Foulball, kämpfte. Hendrix tat dem Catcher nicht den Gefallen, den dritten Ball zu werfen. Der elfte Pitch bedeutete den Strikeout, erstes Aus, weiterhin Bases loaded. „Ein unglaubliches At Bat“, sagte Stöcklin. „Mike und Lenny hat es viel gebracht, sie haben viele Pitches gesehen.“ Sie wussten, was als nächstes auf sie zukommen würde.

Auf Lenny Stöcklin kam es nicht mehr zu. Denn Larson beendete das Spiel. „Man will aus dem Doubleplay rausbleiben“, sagte der Matchwinner. „Ich habe im ersten Schwung die Anspannung gefühlt. Die Muskeln wollten sich nicht so schnell bewegen. Ich musste sie auflockern, im Kopf lockerer werden. Zwei gute Fastballs hatte ich nicht getroffen.“ Auch Routiniers wie Larson, der Veteran in seinem zehnten Bundesligajahr, sind gegen Stress nicht immun. „Ich musste es einfacher machen“, sagte der Kanadier, „einfach mal Kontakt herstellen. Glücklicherweise hat’s geklappt.“ Ein Schlag ins Outfield hätte das zweite Aus bedeuten können, aber mit dem flinken Kotowski auf der dritten Base auch den sicheren Ausgleich und mindestens die Verlängerung. Der Schlag kam aber nicht ins Outfield, blieb im Infield schon hängen. „Und ich habe gedacht: Der Second Baseman hat sich genug nach links bewegen müssen, um das Play schwierig zu machen.“ Keine Chance mehr, Kotowski am Scoren zu hindern, der Centerfielder war einfach viel zu schnell. „Peter hat mit dem Slide den Shortstop rausgenommen.“ Das Aus gegen Johannessen hätte mit etwas Glück klappen können, Larson und Trey Stover wären sicher auf der ersten und dritten Base gewesen, Lenny Stöcklin hätte die Chance auf den Winning RBI gehabt. Aber der Second Baseman warf an seinem Kollegen vorbei. Der Ball war im Outfield. Stover nutzte die Chance, rannte durch, hatte viel, viel Zeit, scorte zum 2:1, lange bevor die Disciples den Ball wieder kontrollierten.

„Morgen wird es nochmal ein heißer Tanz“, ahnte Wermuth. „Aber wir haben den mentalen Vorteil. Haar hatte mehr Hits, weniger Errors, ihr Pitcher hat ein super Spiel gemacht, das ist für sie eine ganz bittere Niederlage. Von uns kam am Schlag eigentlich einfach zu wenig. Wie im ersten Spiel in Regensburg: Erst zu wenig, am zweiten Tag fast zu viel. Vielleicht kommt es morgen wieder so.“ Um 14 Uhr treten die Disciples zur zweiten Partie an. Es wird bis Anfang Juni unser letztes Heimspiel sein, es wird die Chance, sich vor der langen Auswärtsserie mit 6:2 Siegen weit vorn in der Tabelle zu platzieren.

Haar Disciples    0 0 0 0 0 1 0 0 0   1
Mainz Athletics   0 0 0 0 0 0 0 0 2   2

Mainz Athletics: CF K. Kotowski (1 Run), SS Stover (1 Run), LF Johannessen, C Boldt, RF Larson (1 RBI), 3B L. Stöcklin, 1B Kipphan, DH T. Kotowski (8. DH Raab), 2B Weichert – P J. Stöcklin (8. P Stahlmann).

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