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How deep could he go? 14 Innings behind the plate – da dürfen auch die Allerbesten müde aussehen.

Mit Feen und Flaschengeistern ist das ja so eine Sache. Manchmal erfüllen sie einfach die Wünsche der Leute, aber hin und wieder hat das seine Schattenseiten. „Lustigerweise habe ich vor dem Spiel im Auto gesagt: Ich hätte so Bock auf ein geiles 14-Innings-Spiel“, erzählte Ulli Wermuth am Samstagabend – nach einem geilen 14-Inning-Spiel, als hätte unser Bundesligateam nach den vielen 7-Innings-Spielen noch ein paar Ressourcen verbrauchen wollen. Am Ende stand ein hart erkämpftes 7:6 bei den Haar Disciples, der 24. Sieg in der nun zu Ende gegangenen Saison 2016 der Baseball-Bundesliga. Wir kamen damit tatsächlich bis auf einen Sieg an den 17 Jahre alten Vereinsrekord heran, die Disciples verpassten die Playoffs. Das nicht unbedingt erwartete 2:9 der Stuttgart Reds in Mannheim hatte den Bayern noch einmal Hoffnung gegeben, ihr Sieg wäre etwas wert gewesen, aber er kam nicht.

„Es war eine heiße Kiste“, schwärmte Wermuth. „Ein Superspiel. Alle unsere Pitcher haben eine super Leistung abgeliefert“ – 59 Gegenspieler mussten sie nur überwinden, kaum mehr als vier pro Inning, und das taten sie mit einem einzigen Walk (der zum 4:4 im siebten Inning führte), mit 13 Strikeouts. Mit nur zwölf Hits, von denen der Starter Eric Massingham in seinen fünf Innings sieben abgab, Jan-Niclas Stöcklin in vier Innings nur einen, ein 2-RBI-Triple von Christoph Ziegler zum 5:4, Manuel Möller in vier Innings zwei, Thomas de Wolf im entscheidenden 14. Inning noch einmal zwei. „Wir haben uns aber auch ein paar Fehler erlaubt“, sagte der Coach, fünf insgesamt, drei waren ohne Belang, zwei führten zu Runs.

Zunächst sah es gut aus für die Disciples, die in den ersten drei Innings keinen Mainzer Runner auf die Bases ließen, selbst im zweiten Inning schon einen Mann auf der dritten Base hatten und im dritten 3:0 in Führung gingen durch zwei Basehits, einen Sacrifice Fly zum 1:0 und einen 2-RBI-Homerun von Josh Petersen. Aber der Konter kam sofort: Peter Johannessen und Max Boldt kamen im vierten Durchgang mit zwei Singles auf die Bases und verkürzten durch einen Fehler im Disciples-Infield auf 2:3. Und Lennard Stöcklin schlug im sechsten Inning den RBI für Thomas de Wolfs Ausgleich. Der Belgier brachte uns im achten Inning mit seinem zehnten Homerun der Saison (die er ja zur Hälfte verpasst hatte) in Führung – es war ein nicht mal besonders hoher, aber sehr kräftiger, sehr schneller, sehr langer Linedrive übers Centerfield -, die Disciples drehten das Spiel umgehend durch Zieglers Triple, Martin Kipphans Solo-Homerun, der in hohem Bogen über das Leftfield flog, brachte uns im neunten Inning in die Verlängerung.

In dieser waren zunächst die Disciples die gefährlichere Mannschaft. Im zehnten und elften Inning war’s eng. Im zwölften und dreizehnten setzten wir wiederum den Gegner unter erheblichen Druck, hatten bei zwei bzw. einem Aus Runner auf der dritten Base. Im 14. Inning schließlich ging unser Team wieder in Führung durch einen Walk für de Wolf, ein RBI-Double des fantastischen Max Boldt (sieben At Bats, drei Singles, zwei Doubles) und Lennard Stöcklins Sacrifice Fly ins Rightfield.

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Thomas de Wolf schlug seinen obligatorischen Homerun, diesmal einen meilenweiten Linedrive.

Die Entscheidung? Noch nicht ganz. Denn Thomas de Wolf begann das 14. Inning zwar mit sechs schnellen Strikes, bekam aber das dritte Aus nicht hin. Der dritte Schlagmann kam per Single auf Base, ein Fehler im Infield zögerte das Spielende noch einmal heraus, ein weiterer Basehit brachte den Run zum 7:6 über die Platte und den zum Ausgleich auf die zweite Base.

Und de Wolf, der schon zweimal dem dritten Strikeout des Innings sehr nahe gekommen war, musste sich einen packenden Kampf mit dem gefährlichen Hitter Ziegler liefern, lag schnell in Führung (Strike looking, Foul, Foul), warf dann zwei Balls, anschließend den Pitch, den Ziegler ins Spiel bringen konnte – aber schlecht. Nici Weichert (mit drei Hits wieder gut, aber ihm fehlten die Runner vor ihm) und Lucas Dickman (am Schlag diesmal ohne jede Wirkung) machten das fehlende Aus.

„Wir sind froh, dass wir am Ende den längeren Atem hatten“, sagte Wermuth. „Es war eine gute und wertvolle Generalprobe für nächste Woche. Wir stellen uns auf knappe Spiele gegen Paderborn ein.“

Vorher aber steht heute das Allstar Game an. Wie im vergangenen Jahr stellt unser Team das größte Kontingent. Fünf Nationalspieler: Kevin Kotowski, Tim Stahlmann, Jan-Niclas Stöcklin, Max Boldt und Lucas Dickman. Zwei Mann in der Bundesliga-Auswahl: Nici Weichert und Manuel Möller. Wenn’s aber nach Wermuth geht, wird man kaum einen davon in Bad Homburg sehen. „Ich habe dem Coach schon gesagt, dass eigentlich keiner spielen kann.“ Kotowski wegen seiner Handverletzung sowieso nicht. Stöcklin und Möller sollte man mit jeweils 57 Pitches im Arm zumindest nicht mehr als nötig zumuten, bei den anderen sieht’s nicht zu schlecht aus. „Wir werden halt ziemlich müde sein“, sagte unser Coach. „Es war ein anstrengender Tag.“ Der Ferienbeginn in einigen Bundesländern verlängerte schon die Hinfahrt, „aber das wussten wir vorher“, erklärte Wermuth. „Wir sind echt schlau gefahren, haben viele Staus umgehen können“ – sechs Stunden wurden es trotzdem, dann 4:39 Stunden Spiel, dann die Rückfahrt. „Eine Ankunft um drei Uhr ist realistisch“, sagte der Coach. „Immerhin gibt es keine LKWs mehr auf der Autobahn.“ So dass es, wenn man die Jungs irgendwie aus dem Bett bekommt, doch ein schöner Nachmittag in Bad Homburg werden könnte. cka

Mainz Athletics   0 0 0 2 0 1 0 1 1 0 0 0 0 2   7
Haar Disciples    0 0 3 0 0 0 0 2 0 0 0 0 0 1   6
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eigenanzeige 2016b

2B Dickman, LF Johannessen (14. CF, 1 Run/0 RBIs), CF de Wolf (14. P, 3/1), C Boldt (2/1), DH Larson (14. LF), 3B L. Stöcklin (0/2), 1B Kipphan (1/1), RF M. Raab, SS Weichert – P Massingham (6. P J. Stöcklin, 10. P. Möller, 14. P de Wolf).