Zusammenfassung

Zugegeben hätten wir es vorher natürlich nie. Aber ein bisschen nervös waren wir schon: Was, wenn es blöd läuft? Was, wenn es richtig blöd läuft? Dann meldet sich auch noch das komplette Infield ab – kurzfristig außerdem Julius Spann -, dann geht der Gegner früh in Führung. 16 Innings später haben wir immer noch keine Gewissheit – bis auf die, dass es jetzt richtig, richtig blöd laufen müsste. Nach dem 5:2/17:3-Doppelsieg bei den Bad Homburg Hornets müssen wir nur noch ein Spiel gegen die Hessen gewinnen, um uns aus dem Abstiegskampf zu befreien. Dafür haben wir, wenn nötig, drei Versuche.
Unser Coach Ulli Wermuth war gezwungen, die Mannschaft fast komplett umzubauen. Christian Decher und Jan-Niclas Stöcklin pitchten zu Andrew Jones, das ist noch normal, wenn es auch meist in umgekehrter Reihenfolge geschah. Im Centerfield verteidigte Kevin Kotowski, das ist auch normal. Links und rechts dieser Mittelachse von der Homeplate über den Mound ins Outfield war alles anders als gewohnt. In den Ecken des Infields: Rechts Tobias Kuczulaba (nicht zum ersten Mal in dieser Saison, aber zuletzt nicht oft) und links bei seinem Comeback nach zwei Jahren in den unteren Teams der Routinier Martin Kipphan. Um die zweite Base herum rechts Marcel Schulz und links als Shortstop Marcel Felsmann. Im Leftfield Mike Larson, im Rightfield der Bundesliga-Debütant Carsten Hodapp. Und wenn man am Ende des Spieltags festhalten kann, dass das Pitching noch der wackligste Mannschaftsteil war, wenn man gleichzeitig relativieren muss, dass es sich hierbei um Meckern auf gehobenem Niveau handelt, dann ist das ein gutes Zeichen.

Daher verteilte Wermuth das Lob mit der großen Gießkanne über die ganze Mannschaft: „Kippy hatte einen tollen Tag.“ Mit drei Basehits im ersten Spiel, zwei Runs und einem RBI im zweiten. Defensiv spielte der Comebacker im ersten Spiel nicht fehlerfrei, aber er reparierte seine Patzer selbst, bevor sie Konsequenzen hätten haben können. „Carsten war im ersten Spiel nervös, aber im zweiten hat er gut gehauen.“ An Position 8 der Lineup, dort, wo man die Spieler versteckt, von denen man nicht extrem viel fordern möchte, ging der Debütant im zweiten Spiel nie aus, schlug zwei Singles und ein Triple, scorte zweimal und sammelte vier RBIs. Damit war Hodapp der effizienteste Angreifer der Partie. „Ganz positiv kann man Marcel Felsmann hervorheben.“ Als Backup-Infielder kam der 23-Jährige 26 Spiele lang überhaupt nicht zum Einsatz. Bei seinem Saisondebüt in den Heimspielen gegen Bad Homburg am letzten Spieltag war Felsmann schon an der 2. Base gar nicht schlecht, diesmal als Shortstop fehlerfrei und mit zwei Doubles, zwei Runs und drei RBIs offensiv gefährlich. „Er ist lange nicht zum Zug gekommen, weil andere vor ihm waren“, sagte Wermuth. „Jetzt ist er gefragt und macht es sehr gut.“
Und so weiter. Tobias Kuczulaba? Je ein RBI in Schlüsselszenen. Marcel Schulz? Fast könnte man meinen, erst vor einer Woche hätte ihm jemand erzählt, wozu der Zaun gut ist – doch halt, das ist gemein. Fakt ist: Null Homeruns in den ersten rund 150 Bundesligaspielen, jetzt drei in drei aufeinanderfolgenden Spielen und dass ihm in der zweiten heutigen Partie keiner gelang, wirkte fast ungewöhnlich. Und bedenkt man nun, dass es in der Major League rund 2.500 Saisonspiele gibt, dass die Liga seit 1869 existiert und dass das Kunststück „Hitting for the cycle“ erst 285 Mal gelungen ist, wird es erst richtig deutlich, woran unser flinker Allrounder in der ersten Partie haarscharf vorbeigeschrammt ist. „Hitting for the cycle“ bedeutet: Ein Single, ein Double, ein Triple und ein Homerun eines einzigen Spielers in einer einzigen Partie. Teil 1, 2 und 4 hatte Schulz schon erledigt, als er im neunten Inning an der Homeplate stand. Angesichts seiner Schnelligkeit wollen wir es gar nicht ausschließen, dass der Schlag ins Centerfield für ein Triple gereicht hätte. Wäre er ein paar Meter weiter links oder weiter rechts heruntergekommen anstatt in den Handschuh des Outfielders.
Zum Spielverlauf: Den Rückstand im ersten Inning des Tages glichen unsere Jungs sofort aus. Nach drei Innings führten sie durch ein 2-RBI-Single von Jones für Kevin Kotowski und Schulz 3:2, nach vieren 4:2 (Kuczulaba nach Schulz-Double). Im fünften Inning ging es schnell – Christian Decher brauchte nach einem Double nur zehn Pitches für drei Strikeouts, Max Doll kam sogar mit nur acht Pitches durch das Inning – und im siebten flog Schulz‘ Homerun über das Leftfield. Manuel Möller übernahm die letzten beiden Innings, walkte seinen ersten Gegner, hielt dann aber dicht und beendete das Spiel mit einem Strikeout. Die Hornets hatten in den ersten zwei Spieldritteln immer mal wieder bei wenigen Aus alle Bases besetzt, brachten aber ihrerseits die Runner nicht durch. cka / Fotos: Tanja Szidat