Bereit für alles, auch für ein paar gute Innings auf dem Mound: Der Infielder Lennard Stöcklin entwickelt sich zu einem starken Bundesliga-Closer.

Es liegt sicher nicht nur am Programm, dass die Haar Disciples so gut in die neue Saison gestartet sind. Mit 6:2 Siegen sind die Münchner Tabellenzweiter. Sie haben lediglich die Auftaktspiele gegen den Spitzenreiter Heidenheim 0:4 und 2:3 verloren – danach jedoch, das relativiert die Sache, noch nicht gegen die weiteren Spitzenteams gespielt. Zwei Siege gegen Bad Homburg (14:8 und 13:0), zwei Siege gegen Stuttgart (12:5 und 10:0), zwei Siege in Saarlouis (7:4 und 10:2) zeigen zumindest, dass die Disciples weiterhin ein Gegner sind, den man sehr ernst nehmen muss. Und der jetzt gegen den Titelverteidiger die Serie fortsetzen möchte, während wir zwischen den beiden Niederlagen in Heidenheim und den bevorstehenden Heimspielen gegen den Finalgegner Regensburg am liebsten schon am Samstag ab 14 Uhr den fünften Saisonsieg schaffen wollen. Unser zweites Spiel in Haar beginnt am Sonntag um 13 Uhr.

2016 sind die Disciples mit großen Ambitionen in die Saison gegangen. Sie hatten sich vor allem im Pitching verstärkt, haben an der Europaliga teilgenommen, haben ihren Saisonstart mit 3:9 Siegen völlig verpatzt und am Ende die Playoffs gerade so nicht erreicht. Das 14. Inning des letzten Spiels war entscheidend; Haar verlor gegen unsere Mannschaft 6:7, war punktgleich mit den Stuttgart Reds, hatte aber den direkten Vergleich verloren und musste als Fünfter in die Playdowns.

Ihren Kader haben die Disciples nun wieder verkleinert. Die Pitcher Justin Erasmus, Cody Chartrand, Gregory Hendrix, DJ Jauss und Moritz Polixa sind nicht mehr dabei, ebenso die Routiniers Ty Eriksen, Bernd Radovic und Rubén Manríquez. Neu ist der bisher beste Pitcher der Bundesliga, der Ex-Profi Ryan Bollinger, der in 30 Innings 46 Strikeouts und nur zwei Walks geworfen und erst einen Run kassiert hat, zuletzt aber nicht mit Top-Hitting konfrontiert wurde. „Der kann das schon ein bisschen“, warnt Max Boldt. „Aber wir haben bisher fast jeden Pitcher gut geschlagen. Wenn wir verloren haben, dann weil wir selbst zuviel zugelassen haben.“ Neu sind außerdem zwei gefährliche Angreifer, der schlagstarke Infielder Miguel Pineiro aus Venezuela sowie der Allrounder Nateshon Thomas aus Bad Homburg. Und der Trainer – wir freuen uns auf ein Wiedersehen mit unserem ehemaligen Assistant Coach Don Freeman.

„Wir wissen, was uns erwartet“, sagt Boldt. „Wir kennen die Spieler und wir kennen Don und seine Philosophie. Aber wir wollen uns nicht so extrem darauf vorbereiten. Am Ende kommt es ja doch anders. Wir gehen die Aufgabe an wie jede andere.“ Und bis auf Jan-Niclas Stöcklin und Timothy Kotowski in voller Besetzung.

Nationalität
ger GER
Position
Pitcher
Alter
30
B/T
R/R
Größe
183
Gewicht
96
Entscheidend könnte daher wieder der Einsatz von Lennard Stöcklin als Reliever werden. Der Infielder, seit 2013 fest an der dritten Base gesetzt, hat am vergangenen Wochenende in Heidenheim erneut drei Innings geworfen, lediglich durch Errors seiner Verteidiger zwei Runs kassiert, nach insgesamt 4.2 Innings immer noch keinen Earned Run. Stöcklin wirft Strikes, wenige Balls, gibt wenige Hits ab. „Die Umstellung ging sehr schnell“, sagt der 23-Jährige, „weil ich ja jahrelang Batting Practice geworfen habe. Es war nicht mehr so schwierig, die Strikezone zu finden. Max hat mir ans Herz gelegt, so viele Strikes wie möglich zu werden, aber auf Strikeouts gehen wir nicht. Wir wollen die Hitter attackieren, wir wollen Groundouts und Flyouts. Strikeouts dürfen natürlich kommen. Wir müssen halt den Ball tief halten. Wenn er gegen Heidenheim hoch kam, wurde er hart gehauen.“

In seinen Lehrjahren hatte Stöcklin das Pitching schon kennengelernt: „Als Schüler habe ich damit angefangen und von Cae Santos und Ulli Wermuth viel gelernt.“ In der Jugend- und Juniorenmannschaft und in seinem ersten Zweitligajahr war er Pitcher geblieben, erst in der Bundesliga zum Feldverteidiger geworden. „Daher ist es für mich nichts Neues“, sagt Stöcklin. „Aus der Routine war ich ein bisschen raus, auch die Belastung ist ganz anders, aber es war schon noch vertraut. Und es macht auch Spaß.“ Ums Auftaktwochenende herum hatte der Coach dem Infielder die erste Vorwarnung gegeben: „Als klar war, dass mein Bruder verletzt ist und Dickman aufhört, hat sich Max erkundigt, wie es meiner Schulter geht, und gesagt: Werf mal Bullpen. Das sah wohl gut aus.“Im Training versucht der Umsteiger bereits, an die 50 Pitches heranzukommen – zumal sogar der erste Start bald anstehen könnte, wenn nicht in der eng getakteten letzten Mai-Woche mit vier Spielen gegen Bad Homburg binnen fünf Tagen, dann womöglich im Europapokal im Juni. „Auch die Aufgabe würde ich annehmen“, sagt Stöcklin, „Max kann mit mir planen, wie er möchte.“

Auch weiterhin an der zweiten Base – auch eine Position, die Stöcklin schon kannte: „2009 sind wir Juniorenmeister geworden mit Nici und mir in der Mitte“, also mit exakt der Besetzung, die jetzt wieder in der Mitte spielt. Unterschiede zur Position an der dritten Base gibt es: „Die nennt man die Hot Corner“, erklärt Stöcklin, „da kommen viele schnelle Bälle. Man muss sehr schnell reagieren. An der zweiten Base habe ich eine kürzere Wurfstrecke, da kann man sich meistens mehr Zeit lassen und der Arm wird nicht so stark belastet. Aber man braucht trotzdem mehr Reichweite und schnelle Hände für Doubleplays. Mir macht es Spaß, dort zu spielen – aber Baseball macht immer Spaß. Und Jeff macht an der Drei einen guten Job.“

Bei den Disciples erwartet Stöcklin „zwei Topspiele. Haar ist ein starker Gegner. Aber wir auch. Und ich gehe in jedes Spiel rein und möchte gewinnen.“ cka / Fotos: www.sportausmainz.de, Tanja Szidat

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