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Den Ball wegzuschlagen ist nur die offensichtlichste der vielen Aufgaben von Leadoff Hitter Kevin Kotowski.

Am Samstag (19 Uhr) wird es endlich auch am Hartmühlenweg wieder ernst. Zum Home Opener der Saison 2014 erwarten wir zum zweiten Mal in diesem Jahr die Haar Disciples; Spiel 2 beginnt am Sonntag um 14 Uhr. Unser Leadoff Hitter Kevin Kotowski erklärt uns hier, warum wir uns auf die hohen Siege in der Preseason nicht zu viel einbilden dürfen und was er am anderen Ende der Welt erlebt hat.

Was erwartest Du am Wochenende?

Ich erwarte ganz klar zwei Siege gegen Haar. Zu viel darf man nicht fordern. Leicht wird es auf keinen Fall. Ich kenne Haar relativ gut. Sie haben schon ein starkes Team. Aber gerade zuhause erwarte ich zwei Siege. Es ist unser erstes Heimspiel, ein Nightgame, da wird auf den Tribünen viel los sein. Das hilft uns. Laute Zuschauer, die hinter uns stehen, mag die Mannschaft haben. Wenn man auf dem Feld steht und die vollen Tribünen sieht, gibt einem das noch einen Extraschub.

Ulli Wermuth sieht das ähnlich: „Es werden zwei hochklassige Baseballspiele“, sagt unser Coach. „Davon kann man ausgehen. Zwei ebenbürtige Mannschaften werden gegeneinander spielen, aber als Heimteam wollen wir natürlich zwei Siege einfahren.“

Wir haben die Disciples in der Preseason 9:1 und 16:8 geschlagen – allerdings ohne ihre Starter. Den Nationalpitcher Lukas Steinlein kennen wir. „Er ist ein hart werfender Rechtshänder und müsste nach der Vorbereitung in Südafrika in sehr guter Form sein“, sagt Wermuth. Gabriel Sandersius, den neuen Amerikaner, kennen wir noch nicht. Sandersius hatte einen bemerkenswerten Einstand in die Bundesliga, als er die Disciples bis ins letzte Inning von einem Auswärtssieg in Regensburg träumen ließ: Als er nach dem achten Inning ausgewechselt wurde, stand es 11:9 für Haar. Sein Gegner, der prominente Regensburger Starter Justin Kuehn, wurde schon nach vier Innings bei einem 3:6-Rückstand der Legionäre vom Platz geholt. Im neuten Inning erst drehten die Regensburger das Spiel auf 12:11.

Ulli Wermuth beschreibt Gabriel Sandersius als ungewöhnlichen Bundesligapitcher. Du kennst ihn schon, hört man…

Wir haben in Australien gegeneinander gespielt. Er ist ein Linkshänder. Das ist ungewöhnlich, weil es in Deutschland nicht viele gibt. Er schmeißt relativ fest, was für Bundesliga-Linkshänder auch ungewöhnlich ist. Er hat eine gute Kontrolle über alle seine Pitches und arbeitet schnell.

Das heißt?

Er kriegt den Ball zurück, stellt sich sofort hin und fängt wieder an. Er hat einen sehr schnellen Rhythmus. Er ist kein schlechter Pitcher, so viel ist sicher, aber er ist schlagbar.

Schönen Gruß also nach Haar, Eure Waffe ist kein Geheimnis mehr?

Das ist ein Teil meiner Aufgabe als Leadoff Hitter. In dieser Rolle muss man schnell sein, klar, aber das ist nicht alles. Wir müssen uns viele Pitches angucken können, ein gutes Auge für die Strikezone haben und das Spiel mit einem langen At Bats anfangen. Das müssen wir gleich lesen, um dem Team früh im Spiel sagen zu können, was der Pitcher im Repertoire hat. Wir müssen stealen können. Und wir müssen natürlich viel auf Base sein, um zu scoren, wenn die starken Hitter an den Schlag kommen.

Der Leadoff Hitter ist also das Gegenstück zum Catcher als Taktiker der Offensive?

Nicht so stark natürlich. Der Catcher hat das ganze Spiel über zu tun. Als Leadoff Hitter hat man vor allem früh im Spiel viel zu tun.

Auch diesmal? Du scheinst Sandersius ja schon gut zu kennen.

Es geht natürlich auch um seine Tagesform. Man hat nicht immer alle drei Pitches zur Verfügung. Vielleicht läuft einer nicht. Auch das muss man früh erkennen.

Was hast Du eigentlich in Australien gemacht? Sicher nicht nur künftige Bundesligaspieler ausspioniert…

Ich wollte im Rhythmus bleiben. Unsere Saison 2013 ging zu früh zu Ende. Ich wollte durchspielen und bin im Oktober zu den Carine Cats in Perth gestoßen. Wir haben dort in einer Liga mit zehn Teams aus der Stadt gespielt. Das Niveau war ähnlich wie in der Bundesliga, aber man fährt nicht so weit zu den Spielen. Dort arbeitet man nebenbei ein bisschen, um Geld für die Miete zu haben, und coacht Jugendteams. Ich wollte auch einfach in Australien spielen, um die Erfahrung zu haben. Wir sind gut gestartet, hatten dann ein Tief und haben leider die Playoffs verpasst. Aber unsere Saison sei besser gewesen als die vorherige, habe ich gehört.

Es war nicht Deine erster Auslandserfahrung, oder?

Im Winter 2010/11 habe ich in Santa Maria, Kalifornien, studiert und College-Baseball gespielt. Das war auf jeden Fall eine Riesenerfahrung. Das Training ist dort viel intensiver, jeden Tag mindestens drei Stunden. Das war super.

Unsere Wintervorbereitung und die erste Phase der Preseason hast Du verpasst. Aber in dem Fall ist das sicher kein Nachteil…

Ich bin auf jeden Fall besser vorbereitet. Ich merke, dass ich den ganzen Winter gespielt habe und im Rhythmus geblieben bin. Mein Körper fühlt sich besser an, mein Arm tut nicht weh und ich fühle mich stärker, besser, fitter als sonst.

Was willst Du in dieser Saison erreichen?

Ich will weiter kommen als im letzten Jahr. Es fühlt sich immer noch ein bisschen bitter an, dass wir gegen Bonn ausgeschieden sind. Wir hätten gewinnen sollen. Wir waren die bessere Mannschaft. Ich will weiter kommen, bis ins Finale. Und am liebsten die Meisterschaft. Wir haben gute Neuzugänge, gute Elemente dem Team hinzugefügt. Meiner Meinung nach ist die Chance da, das hinzukriegen.

Für Dich wäre es nicht das erste Mal…

2007 im fünften Finalspiel gegen Regensburg war ich zum ersten Mal in der Bundesliga dabei – aber nur auf der Bank. Gespielt habe ich nicht. Ich war 16 Jahre alt, aber weiß noch alles. Es kommt mir vor, als wäre es gestern gewesen. Es war der Hammer.

Etwas mehr als sechseinhalb Jahre ist das nun her. Kevin Kotowski ist inzwischen Stammspieler, Leistungsträger, Nationalspieler, der als Leadoff Hitter und Centerfielder eine wichtige Rolle in der Offensive wie in der Defensive der Athletics spielt. Die Defensive wird gegen Haar wohl noch einmal auf Max Boldt verzichten müssen. „Offensiv kann er spielen“, sagt Ulli Wermuth, „es sei denn, wir kriegen noch die Diagnose, dass wir dann riskieren, seinen Arm abschneiden zu müssen. Man hat vor einer Woche schon gesehen, dass er frei schwingen kann.“ Nicht ganz ausgeschlossen ist, dass Boldt an der ersten Base spielen kann. Catchen wird er noch auf keinen Fall. „Muss er aber auch nicht“, sagt Wermuth. „Der Spieltag ist ja auf zwei Tage verteilt.“ Für Andrew Jones, der sich eine Woche lang an die mitteleuropäische Zeit zu gewöhnen, sollten zweimal neun Innings kein Problem sein. „Ausgeschlafen hat er mittlerweile“, sagt Wermuth, der selbst viel Erfahrung mit Interkontinentalflügen hat. „Es kann bis zu eine Woche dauern, die Zeitverschiebung aus dem Körper zu bekommen, aber wenn man dem Körper die Pausen gibt, nach denen er fragt, kann man den Jetlag ablegen.“ Nur Pascal Raab fehlt weiterhin; der Pitcher wird wohl Mitte Mai wieder spielen können.

In der Aufstellung hat Wermuth also den Luxus einer großen Auswahl: „Ich habe viele Optionen. Ich brenne darauf, Marcel Schulz einzusetzen, der eine sehr gute Vorbereitung hatte und durch seine Geschwindigkeit zwischen den Bases Druck ausüben kann wie wenige andere. Aber ich muss die Trainingswoche bewerten, ehe ich entscheide, wie ich die Mannschaft zusammenstelle. Wir haben einen positiven Wettkampf im Team, der keineswegs schädlich für die Chemie ist. Keiner kann sich ausruhen, alle müssen abliefern.“ cka

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