Wer hat hier „Krise“ gesagt? Die ersten pessimistischen Stimmen gab es nach den fünf Niederlagen Ende April und Anfang Mai, die die Chancen auf einen guten Saisonverlauf schwinden zu sehen glaubten. Dabei hatte unser Team schon in diesen Spielen viel besser ausgesehen, als die Ergebnisse zeigten. Nach den Siegen in Bad Homburg mag man einzuwenden versuchen, der Gegner habe kein Bundesliganiveau. Dem schon widersprach unser Outfielder Julius Spann am Ende des Spieltags: „Bad Homburg hat nicht die stärkste Offensive der Liga, aber sie haben Spieler, die den Ball ins Spiel bringen können. Dass sie es nicht geschafft haben, lag an uns.“ Auch gegen einen sieglosen Tabellenletzten kann man verkrampfen, kann man blockiert spielen, kann man verlieren. Oder so spielen wie die Mainz Athletics am Sonntagnachmittag. „Mainzer Baseball“ nannte das Spann. „Wir hatten von Anfang an eine solide Basis, wir haben Bälle getroffen, keine wesentlichen Errors gemacht, Strikes geworfen, Bases gestohlen. Das ist der Baseball, den man aus Mainz gewohnt ist.“

Der 5:4-Sieg gegen Heidenheim zum Abschluss der Topspielwoche wird sicher seinen Teil zur Vorbereitung auf die Aufgabe in Bad Homburg beigetragen haben. Dass die A’s den Schwung aus jener Partie direkt an die Platte mitnahmen, musste der Hornets-Pitcher Aleš Keprta erfahren: Schon im ersten Inning führten wir 5:0. Kevin Kotowski war mit einem Walk auf Base gekommen, hatte die zweite geklaut, sich von Max Boldt auf die dritte schieben lassen und scorte nach einem Basehit von Mike Larson. Dieser erhöhte nach Schlägen von Andrew Jones und Lennard Stöcklin auf 2:0. Und nach Spanns Basehit schlug Marcel Raab seinen ersten Homerun im Mainzer Trikot – für die Cologne Cardinals hatte der Infielder schon einmal den Ball über den Zaun gehauen – zum 5:0 aus dem Stadion. In diesem Moment war das Spiel im Grunde schon entschieden.

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Marcel Raabs Homerun entschied die erste Partie sehr früh.

Marcel Raab ist im zweiten Jahr Mainzer, bisher ohne festen Stammplatz. Dass er sich nun in die Reihe der 2014er-Homerunschläger der Athletics einreiht, ist unter anderem die direkte Folge unserer Baumaßnahmen: Die insgesamt nur fünf Homeruns der vergangenen Saison haben unsere Spieler jetzt schon deutlich übertroffen; wir beginnen die Früchte der Schlaghalle zu ernten. „Die Halle, das Krafttraining im Winter und der Plan an der Platte geben uns die Selbstsicherheit und das Vertrauen in unsere Fähigkeit, den Ball über den Zaun zu schlagen“, sagt Spann. „Das ist für jeden möglich.“ Und Coach Ulli Wermuth ergänzt: „Marcel spielt sich so in die Startaufstellung.“

7:0 stand es nach zwei Innings, 7:1 nach einem kurzen Wackler in der Defensive nach drei, aber das war kein Problem. Beide Teams hatten ein paar Schwierigkeiten mit dem Wetter: „Es war durchwachsen“, sagte Spann, „mit Regen und Sonnenschein. Das kann einen aus dem Rhythmus bringen. In jeder längeren Unterbrechung muss man mit dem Kopf klar kommen.“ Manche bleiben fokussiert, indem sie die letzten paar Spielsituationen nachanalysieren, andere sitzen mit geschlossenen Augen in der Ecke, um achtsam und ruhig zu bleiben. Es hat funktioniert. Auch die Regenpause im siebten Inning brachte unser Team nicht durcheinander.

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Kevin Kotowskis Bilanz im ersten Spiel: In fünf Versuchen viermal auf Base und dreimal ums Infield bis zurück zur Homeplate.

Zu diesem Zeitpunkt stand es freilich schon 11:1. Basehits von Kevin Kotowski, Andrew Jones, Lennard Stöckin und Marcel Raab, ein Walk für Mike Larson und ein Sacrifice Hit von Spann hatten im sechsten Inning vier Runs gebracht. Das reichte schon für ein frühes Spielende. Das Ergebnis hätte noch deutlicher sein können; bei zwei Aus hatten wir alle Bases besetzt und den bis dahin maximal effizienten Kotowski zum zweiten Mal in diesem Inning an der Platte, aber diesmal misslang der Schlag des Centerfielders. Egal, weil Mike Larson im siebten Durchgang auf 12:1 erhöhte und unsere starken Pitcher weiter nichts zuließen.

„Janni Stöcklin hat komplett bewiesen, warum er einer der besten Pitcher Deutschlands ist“, sagte Spann. „Wir hatten von Anfang an eine sichere Hand im Spiel. Auch Nick Böttger hat bewiesen, dass er trotz seiner Jugend ein sehr starker Werfer ist.“ Böttger übernahm das sechste und siebte Inning, warf drei Strikeouts und hatte auch sonst alles unter Kontrolle.

Und im zweiten Spiel ging es so weiter: Ganz so viele Hits und Runs schaffte unsere Offensive gegen den US-Pitcher Matt Broder nicht, aber dafür war Christian Decher diesmal noch besser als Stöcklin: Im zweiten Inning kam ein Bad Homburger auf Base, weil er vom Pitch getroffen wurde, im dritten gab es einen Runner als Folge eines Fehlers im Infield. Das war bis ins neunte Inning alles. „Unsere Pitcher waren sehr gut“, sagte Spann, „unsere Defense astrein.“ Seinen persönlichen No-Hitter schaffte Decher in seinen sieben Innings. Manuel Möller hängte einen perfekten Durchgang dran, ehe er beim Stand von 6:0 den einzigen gegnerischen Hit zuließ.

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Viel fehlte Christian Decher nicht zum persönlichen Perfect Game über sieben Innings. Einen No-Hitter schaffte unser Pitcher bis zur Auswechslung.
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Keinen Grund zur Hektik gab es für Pull Guy Julius Spann. Der Ball war sowieso erst jenseits des Zauns gefallen.

Offensiv ging es im zweiten Spiel nach einem ruhigen ersten Inning mit einem typischen Julius-Spann-Homerun von Julius Spann los: Mit Schwung über das Leftfield; am Hartmühlenweg wäre der Ball mal wieder auf der Schlaghalle gelandet. „Das Dach ist meine Spezialität“, lacht Spann. „In den letzten Jahren war ich immer der Pull Guy und habe auf die linke Seite geschlagen. Dieses Jahr habe ich einen neuen Ansatz an der Platte, um den Ball eher nach rechts oder in die Mitte zu bringen. Aber manchmal passiert es, dass er links über den Zaun fliegt.“ Warum auch nicht? „Man versucht, den Ball zentral zu treffen, weil man so eher die Extra-Base-Hits schafft“, erklärt Spann. „Man sagt aber auch: Go with the Pitch. Wenn der Pitch inside ist, schlägt man ihn auf diese Seite.“

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Janni Stöcklin, starker Rückhalt auf dem Hügel und Homerun Hitter kurz vor Schluss.

Schläge von Lucas Dickman, Nici Weichert, Max Boldt und Mike Larson sowie ein Walk für Kevin Kotowski brachten im fünften Inning das 4:0. Dann brachte Lennard Stöcklin es fertig, aus einem Schlag ins Leftfield ein Triple zu machen; deshalb ungewöhnlich, weil er auf dem Weg zur dritten Base dem Ball fast entgegenlaufen musste, während man bei einem Schlag ins Rightfield vor dem Ball wegläuft und so mehr Zeit hat, um die Base zu erreichen. „Lenny hat den Ball sehr, sehr, sehr gut geschlagen und ist schnell genug“, sagte Spann. „Durch den guten Headfirst Slide ist er klar safe angekommen.“ Um den letzten Punkt kümmerte sich Jan-Niclas Stöcklin mit einem Solo-Homerun im neunten Inning. Von der latent immer vorhandenen Gefahr, eine nicht überragend hohe Führung durch eine Unkonzentriertheit, ein starkes Inning des Gegners wieder zu verlieren, war somit in der Schlussphase nicht mehr viel übrig. Zu spüren war die Gefahr für Spann ohnehin nie. „Gar nicht“, sagte der Outfielder. „Wir waren vom ersten Inning an sehr dominant, haben das Spiel früh in die Hand genommen und früh genug entschieden.“ Dieses Selbstverständnis will die Mannschaft nun über die zwei Wochen bis zum nächsten Spiel aufrechterhalten. „Und dann wollen wir uns gegen Tübingen in gleichem Stil beweisen“, kündigt Spann an. cka

Mainz Athletics      5 2 0 0 0 4 1 - -  12
Bad Homburg Hornets  0 0 1 0 0 0 0 - -   1

CF K. Kotowski (3 Runs/0 RBIs), DH Boldt (1/0), LF Larson (2/1), C Jones (1/2), 3B L. Stöcklin (2/1), RF Spann (1/1), 1B M. Raab (1/4), 2B Dickman, SS Weichert – P J. Stöcklin (6. P Böttger).

Mainz Athletics      0 2 0 0 2 1 0 0 1   6
Bad Homburg Hornets  0 0 0 0 0 0 0 0 0   0

CF K. Kotowski (1/0), DH Boldt (0/1), LF Larson (0/1, 8 LF Schulz), C Jones, 3B L. Stöcklin (1/0), 1B J. Stöcklin (2/2), RF Spann (1/2), 2B Dickman (1/0), SS Weichert – P Decher (8. P Möller).

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